„Wir sprechen mit…“

Sozialministerin Scharf würdigt partizipative Arbeit des LVkE

München, 31.01.2023 – Der traditionelle Neujahrsbrunch des LVkE fand auch in diesem Jahr wieder unter dem Motto „Wir sprechen mit…“ im digitalen Format statt und brachte hochkarätige Gäste aus Politik und Fachwelt mit jungen Menschen aus der stationären Jugendhilfe zusammen.

Das Thema Partizipation begleitet den LVkE seit mehreren Jahren und ist zu einem das Kernanliegen des Landesverbandes geworden. „Die Beteiligung junger Menschen ist für uns eine Herzensangelegenheit, für die wir auch in diesem Jahr unser vollstes Engagement aufbringen wollen“, so Michael Eibl, Vorsitzender des LVkE.

Und ganz im Sinne der Kampagne „Fragt doch mal uns!“, die in 2021 das 100jährige Jubiläumsjahr des LVkE prägte, erwies sich auch der diesjährige Neujahrsbrunch wieder als geeignetes Format, um die Anliegen der stationären Erziehungshilfeeinrichtungen und deren jungen Bewohner an die Politik heranzutragen.

Letztere war auch in diesem Jahr wieder prominent vertreten, so konnten Michael Eibl und Dr. Norbert Beck, der durch die Veranstaltung führte, nicht nur die MdL Doris Rauscher (SPD), Thomas Huber (CSU) und Eva Lettenbauer (Bündnis 90/Die Grünen) vom Sozialausschuss des Bayerischen Landtags, sowie Stefanie Krüger und Sabine Ahlers-Reimann vom Bezirke- bzw. Landkreistag begrüßen – nein, auch die Bayerische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) ließ es sich nicht nehmen, den LVkE per Videoeinspielung zu würdigen!

In ihrem Grußwort hob die Ministerin die in ihren Augen zutiefst menschliche Arbeit des Landesverbandes hervor, die jungen Menschen Halt und Perspektiven bietet, und betonte die Wichtigkeit von Partizipation, die für betroffene Kinder und Jugendliche eine Schutzfunktion ausüben könne. Das gesamte Grußwort können Sie hier auf unserer Website www.fragt-doch-mal-uns.de einsehen.

Das Thema Partizipation bestimmte auch das weitere Programm des Nachmittags, und so präsentierte Frau Dr. Liane Pluto vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) neueste wissenschaftliche Daten und Erkenntnisse. In ihrem spannenden Impulsvortrag „Gelingende Beteiligung in stationären Hilfen – ein Blick aus der Forschung“ stellte die renommierte Forscherin Entwicklungslinien, den aktuellen Status Quo, sowie daraus erwachsende Notwendigkeiten vor. So bleibe festzuhalten, dass in den letzten Jahren große Entwicklungsschritte in Richtung Partizipation getätigt wurden, in den Einrichtungen jedoch oftmals noch Ausbau- und Weiterentwicklungspotential vorhanden sei. Unabdingbar sei es, dass die Beteiligung der jungen Menschen nicht als Beiwerk, sondern zukünftig als fundamentaler Teil der Einrichtungskultur, auch hinsichtlich einer aktiv gelebten Demokratiebildung, betrachtet werden müsse. Hierzu seien allerdings noch viele Spannungsfelder zu beseitigen: So zeige sich, dass bei vielen Fachkräften noch Schulungs- und Aufklärungsbedarf vorliege, der sich z.B. in der Sorge vor einem Autoritätsverlust oder einem nur schwerlich zu stemmenden Mehraufwand bemerkbar mache. Dr. Liane Pluto hob angesichts dessen die Chancen von Partizipation hervor und verwies auf klar messbare positive Effekte in den Einrichtungen. In diesem Zusammenhang appellierte die Forscherin an die Fachwelt, Beteiligung aktiv zu leben, denn es gehe nicht um Macht oder gar ein Entweder/Oder, sondern um ein gelingendes Miteinander.

In den anschließenden Praxisworkshops kamen vor allem die jungen Menschen zu Wort und präsentierten sowohl Best-Practice-Beispiele partizipativer Strukturen in ihren Einrichtungen, als auch ein Thema, welches ihnen besonders am Herzen lag: Nämlich digitale Teilhabe.

Bei diesem Thema, das für junge Menschen von fundamentaler Bedeutung ist und im Zuge der Corona-Pandemie zusätzliche Brisanz erhielt, wurde u.a. auf das Positionspapier „#ohne WLAN geht es nicht“ des Bayerischen Landesheimrats verwiesen. In diesem forderte das Gremium bereits im Jahr 2020 eine bessere digitale Ausstattung zur Internetnutzung und die Entwicklung angemessener medienpädagogischer Konzepte in den Einrichtungen.

In der darauffolgenden Diskussion wurden hier zwar spürbare Fortschritte ausgemacht, jedoch auch eine Vielzahl von Problemen und potentieller Stolpersteine ausgemacht: So bestünden bei vielen Mitarbeitenden in den Einrichtungen noch Wissenslücken im Bereich Medien- bzw. digitaler Kompetenz, was oftmals zu Verunsicherung und Verboten führe. Hier forderten die jungen Diskussionsteilnehmer:innen modernere Konzepte, einen offeneren Austausch sowie individualisierte Lösungen, um der Lebenswelt ihrer Altersgenossen besser entsprechen zu können.

Des Weiteren gebe es spürbare administrative Hürden sowie finanzielle Schwierigkeiten, die notwendige digitale Infrastruktur sowohl zur Verfügung zu stellen, als auch aufrechtzuerhalten. Denn schließlich reiche es nicht aus, die notwendige Hardware einmalig anzuschaffen, vielmehr müsse diese auch gepflegt und fortlaufend aktualisiert werden – ein Umstand, der oftmals mit großem Aufwand und kontinuierlichen Folgekosten verbunden ist. Bemängelt wurde in diesem Zusammenhang ferner, dass im Zuge der Corona-Pandemie, seitens der öffentlichen Hand, Schulen bei der Ausstattung und Finanzierung deutlich stärker begünstigt wurden als stationäre Einrichtungen der Jugendhilfe. Obwohl diese schließlich den Lebensmittelpunkt vieler junger Menschen darstellen!

MdL Doris Rauscher stimmte den genannten Punkten zu und konstatierte, dass die digitale Ausstattung in vielen Einrichtungen sicherlich noch nicht optimal sei. An dieser Stelle brachte die Politikerin einen Fördertopf ins Spiel, um die entsprechenden Bedarfe abzumildern. Diesen habe sie bereits vor einiger Zeit schon zur Debatte gestellt.

Die anwesenden Fachleute begrüßten dieses Ansinnen grundsätzlich, schließlich könne man damit aktuell Vieles bewirken. Jedoch müssten sich die fortlaufenden Kosten in den künftigen Entgeltverhandlungen widerspiegeln, um zukunftsfähig zu bleiben.

„Fragt doch mal uns!“ – das Motto des LVkE, brachte einerseits viele Problemfelder und offene Fragen mit sich, gab den Teilnehmenden aus Fachwelt, Politik und den Einrichtungen jedoch auch viele neue und förderliche Impulse mit auf den Heimweg. Impulse, aus denen sicherlich Positives entstehen kann.

Petra Rummel, Geschäftsführerin des LVkE, schloss die Veranstaltung mit einem Zitat der bekannten Philosophin Martha C. Nussbaum:
„Ich glaube, dass die wichtigste Zutat für die Gesundheit der Demokratie die staatsbürgerliche Bildung ist, eine Bildung mit einem starken humanistischen Inhalt. Wir müssen jungen Menschen das kritische Denken von Sokrates beibringen und sie lehren, wie man einen rationalen Diskurs führt, wie man debattiert und seine Ideen verteidigt.“

Partizipation – Ein hehres Ziel und Mehrwert für die Zukunft unserer Gesellschaft, für den der LVkE und seine Mitgliedseinrichtungen zu jeder Zeit einstehen!

 

Downloads zum Artikel: